Im Studium habe ich mich das erste Mal mit dem Thema Bidirektionales Laden auseinandergesetzt und mich wundert es, warum diese Technologie noch nicht im Alltag integriert ist. In kurz: Es liegt an regulatorischen, technischen, wirtschaftlichen und praktischen Gründen. Doch was ist nun bidirektionales Laden? Ist eine Win-Win-Win Situation möglich und wo liegen die Herausforderungen? Hier ein kleiner Einstieg in das Thema.
Smart Grid und Bidirektionales Laden stellen durch die mögliche Kapazität und die Flexibilität ein Riesenpotenzial zur Stabilisierung des Stromnetzes und Ergänzung der hauseigenen Speicher dar. Alleine durch die Menge an Ausgleichsspeicher können Netz- und Produktionsschwankungen sinnvoll abgefangen werden.
Wir erinnern uns: Das teuerste Kraftwerk bestimmt den Strompreis auf der Börse und die Stromabnehmer bezahlen nach der Merit- Order diesen einheitlichen Preis. Sowohl der Strom von Atom- als auch von Gaskraftwerken ist wirtschaftlich der teuerste, der in Deutschland verkauft wird. Der einzige Grund ist, dass weiter auf Gaskraftwerke gesetzt wird sind die Vorteile des dynamischen Ein- und Ausschaltens je nach Bedarf. Besteht durch den Einsatz von Puffern weniger Bedarf an kurzfristigem Strom aus Gas, wird der Strompreis günstiger. Sollte Smart Grid in Deutschland eingeführt werden, ist es möglich dass sowohl Staat, Betreiber und Anwender von dem Einsatz profitieren können.
Folgende Hürden stehen dem öffentlichen Einsatz noch entgegen:
1. Regulatorische Hürden
- Fehlende rechtliche Rahmenbedingungen: Es gibt derzeit keine klaren gesetzlichen Regelungen für bidirektionales Laden. Die Einspeisung von Strom aus einem E-Auto ins öffentliche Netz wird rechtlich wie eine Stromerzeugung behandelt. Dieses bringt steuerliche und administrative Hürden mit sich.
- Keine standardisierte Vergütung: Es existiert noch kein flächendeckender Marktmechanismus oder ein Tarifmodell, welches bidirektionales Einspeisen für Verbraucher Stand jetzt wirtschaftlich attraktiv macht. Das Bereitstellen des eigenen Autos soll sich für die Anwender lohnen
- Besteuerung: Aus steuerlicher Sicht soll verhindert werden soll, dass sich Privatnutzer ihr Auto steuerlich begünstigt im Unternehmen tanken und damit ihr Haus versorgen. Auch hier sind Regulatorien gefragt.
2. Technische Herausforderungen
- Kompatible Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur: Bislang unterstützen nur wenige E-Autos bidirektionales Laden. Auch die Wallboxen müssen Vehicle2Grid-fähig sein, was aktuell teuer und wenig verbreitet ist.
- Netzkompatibilität & Steuerung: Die Integration ins Stromnetz erfordert ein integriertes Steuerungssystem, um Schwankungen auszugleichen. Dieses ist möglich doch wird bislang nur pilotweise umgesetzt.
3. Wirtschaftliche Hürden
- Kosten-Nutzen-Verhältnis: Der wirtschaftliche Nutzen für Privatnutzer ist aktuell gering, da die Vergütung für Netzeinspeisung niedrig ist, die Technik teuer, und der mögliche Ertrag die Investition kaum deckt.
- Batteriealterung: Viele Autobesitzer befürchten eine beschleunigte Degradation ihrer Fahrzeugbatterie, was die Bereitschaft zur Teilnahme senkt – obwohl Studien zeigen, dass die Abnutzung bei geschickter Steuerung minimal sein kann.
4. Praktische Aspekte
- Nutzerverhalten: Autos stehen zwar oft ungenutzt herum, aber Nutzer wollen sicher sein, dass ihr Fahrzeug immer einsatzbereit ist. Das macht ein intelligentes Lastmanagement notwendig.
- Marktfragmentierung: Viele Pilotprojekte existieren, aber keine einheitliche Plattform oder Anbieterstruktur – was die Verbreitung verlangsamt. Ein Standard muss gefunden werden.
- CO2 Preis: Konventioneller Strom wird teurer, Ökostrom kann mehr Marge sichern!
Für mich persönlich ist wichtig, dass sich das System finanziell für den Nutzer lohnt. Im besten Fall so, dass der Privatsektor diese Entwicklung unterstützt und für Anbieter, Nutzer und Netzbetreiber eine Win-Win Situation entsteht. In den Niederlanden wie an einigen Orten in Deutschland werden Vehicle2Home und Vehicle2Grid und bereits pilotgetestet – die Enwicklung dort ist aktuell ein wenig weiter als hier. Jetzt geht es an die Umsetzung in Deutschland. Die Technologie ist vorhanden.